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Sanierung und Abwicklung zentraler Gegenparteien

Bundestag will unser Finanzsystem noch sicherer machen: Eurex ist voll und ganz darauf vorbereitet

Mitte Februar verabschiedete der Bundestag ein neues Gesetz, das die Finanzstabilität erhalten und die Kosten für die Steuerzahler im Falle des Scheiterns einer Zentralen Gegenpartei (CCP) minimieren soll. Ein Ziel von Recovery und Resolution ist es, das Entstehen moralischer Risiken zu verhindern, die dann wiederum die Wahrscheinlichkeit einer Krise erhöhen. Die Gesetzgebung zielt also in erster Linie darauf ab, die Widerstandsfähigkeit des Privatsektors und des CCP-Ökosystems zu erhöhen. Das Gesetz kann daher als eine sinnvolle und konsequente Fortsetzung von EMIR und als letztes Puzzleteil bei der Umsetzung der G20-Reformen von 2009 angesehen werden. Schließlich war eine der großen Lehren aus der Finanzkrise, die CCPs in den Mittelpunkt der Finanzmarktregulierung zu stellen, um die Stabilität der Finanzmärkte zu erhöhen. CCPs sind die Risikomanager am Markt, weil sie einerseits das Gegenparteirisiko eliminieren und andererseits dafür sorgen, dass im Krisenfall die Kosten im CCP-System bleiben und nicht auf den Steuerzahler abgewälzt werden. 

Was bedeutet dieses neue Gesetz, das voraussichtlich im März den Bundesrat passieren und voraussichtlich im April in Kraft treten wird, für Eurex Clearing und seine Kunden? Wir sprachen mit Viktoria Hackenberg und Marco Winteroll von Regulatory Analysis.

Dieses Gesetz soll im Vorgriff auf eine EU-weite Regelung verabschiedet werden. Warum prescht Deutschland hier vor?

Es ist gut, dass der deutsche Gesetzgeber aktiv geworden ist und die wichtige Rolle der CCPs für die Finanzstabilität berücksichtigt. Der nationale Prozess wurde parallel zur EU-Debatte – die sich wiederholt verzögert hat – eingeleitet, um eine solide rechtliche Grundlage für die deutschen Behörden zu schaffen, damit sie in einem Szenario zur Recovery und Resolution von CCPs wirksame Maßnahmen ergreifen können. Das deutsche Gesetz spiegelt in wichtigen Aspekten die laufenden Diskussionen auf europäischer Ebene über die Verordnung zur Sanierung und Abwicklung von CCPs wider und wird nach deren Abschluss durch diese ersetzt werden. Die kroatische EU-Ratspräsidentschaft hat sich zum Ziel gesetzt, die EU-Verordnung noch vor Ende des ersten Halbjahres 2020 abzuschließen. Es wird jedoch noch einige Zeit dauern, bis die Details endgültig festgelegt sind und die neuen EU-Regeln dann angewendet werden. Mit anderen Worten: Bis zur Umsetzung der EU-Regeln werden wir in Deutschland bereits einen stabilen Rahmen haben, der uns und unseren Kunden mehr Sicherheit gibt.

Was genau hat der Bundestag beschlossen, wie will er mehr Sicherheit schaffen?

Das neue deutsche Gesetz wird die bestehenden Regeln für CCPs ergänzen und extreme, wenn auch mögliche Krisenszenarien berücksichtigen, die zum Scheitern einer CCP führen könnten. Dies ist für uns eine sehr wichtige Entscheidung, da sie der Finanzmarktstabilität im Allgemeinen dient und die besondere Bedeutung der CCPs als Stabilitäts- und Risikomanager in der Finanzarchitektur berücksichtigt. Für CCPs gab es bereits Rückforderungs- und Abwicklungsregeln, die jedoch für Eurex Clearing nur über die Bankenregulierung (BRRD) galten, da Eurex Clearing ein Kreditinstitut ist, d.h. eine Lizenz als Bank hat. Der Gesetzgeber hat dieses Problem erkannt und aus unserer Sicht mit dem neuen Gesetz gut gelöst. Wir sind mit den neuen Regeln sehr zufrieden und unterstützen ausdrücklich die Absicht des Gesetzgebers.

Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Gesetzgebung vorsieht, dass der private Sektor – Marktteilnehmer und CCPs – keine Rettungsaktionen des öffentlichen Sektors erwarten können. Dadurch wird sichergestellt, dass die bestehenden Anreizstrukturen der CCPs beibehalten werden. Um dies zu erreichen, verlangt das Gesetz beispielsweise von den CCPs die Entwicklung und Aufrechterhaltung von Sanierungsplänen, die potenzielle Krisenszenarien, wie z.B. Ausfälle von Clearingmitgliedern, abdecken müssen. Der zweite wichtige Punkt ist aus unserer Sicht, dass die zuständige Abwicklungsbehörde über ein flexibles und umfassendes Instrumentarium verfügt, um auf die jeweilige Krisensituation angemessen reagieren und flexibel entscheiden zu können, welche Instrumente sie einzusetzen hat. Damit hält sich das deutsche Gesetz sehr stark an internationale Vorgaben – wichtig auch, wenn es um Anforderungen in Bezug auf zusätzliches CCP-Eigenkapital, sog. „Skin-in-the-Game“, oder die Vergütung von Clearingmitgliedern nach dem No-Creditor-Worse-Off-Prinzip geht.

Was bedeutet das geplante Gesetz für unsere Kunden? 

Die Kunden profitieren auch von der durch das Gesetz geschaffenen Rechtssicherheit. Künftig wird Klarheit über mögliche Krisenszenarien bestehen und darüber, mit welchen Sanierungs- und Lösungsinstrumenten diese bewältigt werden können. Wie bereits erwähnt, werden im Krisenfall unsere Clearingmitglieder und wir selbst die Kosten tragen, die durch einen Ausfall entstehen. Dies schafft für alle Akteure den richtigen Anreiz, Verluste zu begrenzen. Besonders wichtig für unsere Kunden ist auch das No-Creditor-Worse-Off-Prinzip, das besagt, dass kein Clearingmitglied schlechter gestellt werden darf, als wenn eine CCP durch das Eingreifen der zuständigen Abwicklungsbehörde in Konkurs gegangen wäre. Dies ist ein wichtiger Sicherheitsgewinn für das Clearingmitglied. Nicht zuletzt wurde die Übereinstimmung der neuen deutschen Anforderungen mit internationalen Standards von der EZB begrüßt, da sie die Vergleichbarkeit gewährleistet und die Koordination zwischen den CCPs erleichtert, die unsere Mitglieder in anderen Jurisdiktionen nutzen. 

Muss Eurex Clearing auf Basis der neuen Gesetzgebung neue Maßnahmen ergreifen?

Das deutsche Gesetz sieht eine sechsmonatige Umsetzungsfrist vor. Eurex Clearing verfügt über eine Banklizenz und hat daher bereits einen Sanierungs- und Abwicklungsplan unter der BRRD umgesetzt. Zu diesem Zweck wurden im Regelwerk der CCP in Abstimmung mit Kunden und Behörden bestimmte Instrumente definiert, um auf unterschiedliche Krisenszenarien adäquat reagieren zu können. Dies bietet eine gute Ausgangsbasis für die neuen CCP-Regelungen, um die bestehenden Regelungen relativ einfach an die neuen Regeln anzupassen. Wir sind daher gut vorbereitet und bereits dabei, die neuen Anforderungen umzusetzen. Als Teil der Gruppe Deutsche Börse betreiben wir auch das European Commodity Clearing (ECC), den führenden CCP für Energie- und Rohstoffprodukte in Europa. Obwohl die ECC keinen BRRD-Plan als Ausgangspunkt hat, ist sie auch dabei, die neuen deutschen Anforderungen an die Verwertung und Abwicklung umzusetzen, um diese weit vor dem Ende der Übergangszeit zu erfüllen.