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RTS und ITS

RTS und ITS

Bei der Ausarbeitung der delegierten Rechtsakte und Durchführungsakte können das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union der Europäischen Kommission Befugnisse zur Annahme technischer Regulierungsstandards (RTS) und technischer Durchführungsstandards (ITS) übertragen. Diese RTS und ITS werden von einer Europäischen Aufsichtsbehörde ausgearbeitet. Im Fall von MiFID II/MiFIR handelt es sich um die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA). Damit der Entwurf der Standards in Kraft treten kann, muss die zuständige Europäische Aufsichtsbehörde ihn der Kommission vorlegen. Diese muss entscheiden, ob sie sich (gegenüber dem Parlament und dem Rat) für eine Annahme ausspricht.

Definitionsgemäß bezeichnet ein technischer Regulierungsstandard „einen delegierten technischen Akt, der von einer Europäischen Aufsichtsbehörde ausgearbeitet wird. Er sollte die Bedingungen für die konsequente Harmonisierung der Bestimmungen weiterentwickeln, spezifizieren und festlegen, die in dem zugrunde liegenden Rechtsakt enthalten sind.“

Entsprechend ist ein technischer Durchführungsstandard ein technischer Durchführungsrechtsakt, der die einheitliche Anwendung gewisser Bestimmungen im zugrunde liegenden Rechtsakt sicherstellen sollte.

RTS und ITS enthalten keine strategischen oder politischen Entscheidungen und ihr Inhalt wird durch die Gesetzgebungsakte, auf denen sie beruhen, beschränkt.

Nach Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 (über die Errichtung der ESMA) muss die ESMA offene öffentliche Anhörungen zu Entwürfen technischer Regulierungs- und Durchführungsstandards durchführen und die potenziell anfallenden Kosten und den Nutzen analysieren, bevor sie der Kommission die Standards übermittelt, es sei denn, solche Anhörungen und Analysen sind im Verhältnis zum Anwendungsbereich und zu den Auswirkungen der betreffenden Entwürfe oder im Verhältnis zur besonderen Dringlichkeit der Angelegenheit unangemessen. Die ESMA muss ferner die Stellungnahme der Interessengruppe Wertpapiere und Wertpapiermärkte einholen.

Legt die Behörde einen Entwurf vor, so leitet die Kommission diesen umgehend an das Parlament und den Rat weiter.

Die Kommission muss innerhalb von drei Monaten nach dem Erhalt eines Entwurfs darüber befinden, ob sie diesen billigt. Sie kann den Entwurf auch lediglich teilweise oder mit Änderungen billigen, sofern dies aus Gründen des Unionsinteresses erforderlich ist. Billigt die Kommission einen Entwurf nicht (oder nur teilweise bzw. mit Änderungen), so sendet sie ihn an die ESMA zurück und erläutert dabei ihre Gründe.

Die ESMA hat anschließend sechs Wochen Zeit, um den Entwurf anhand der Änderungsvorschläge der Kommission zu überarbeiten und ihn der Kommission in Form einer förmlichen Stellungnahme erneut vorzulegen. Die ESMA übermittelt dem Parlament und dem Rat eine Kopie dieser Stellungnahme. Hat die ESMA bei Ablauf dieser Frist von sechs Wochen keinen geänderten Entwurf vorgelegt, so kann die Kommission ihn entweder mit den von ihr als wichtig erachteten Änderungen annehmen oder ihn ablehnen. Die Kommission darf den Inhalt eines von der ESMA ausgearbeiteten Entwurfs nicht ändern, ohne sich vorher mit dieser abgestimmt zu haben.

Verpasst die ESMA die zur Vorlage eines Entwurfs angegebene Frist, so kann die Kommission einen solchen Entwurf innerhalb einer neuen Frist anfordern. Sollte die ESMA überhaupt keinen Entwurf eines technischen Regulierungs- oder Durchführungsstandards vorlegen, kann die Kommission diesen ohne Entwurf der Behörde mittels eines delegierten Rechtsakts annehmen. In einem solchen Fall wendet die Kommission das gleiche öffentliche Anhörungsverfahren an, das auch für die ESMA verpflichtend wäre; entsprechend ist sie gleichfalls verpflichtet, den Entwurf an das Parlament und den Rat weiterzuleiten.

Die Kommission muss ihren Entwurf in diesem Fall auch an die ESMA senden. Die ESMA hat wiederum sechs Wochen Zeit, um den Entwurf der Kommission zu ändern oder zu ergänzen und eine förmliche Stellungnahme abzugeben. Auch in diesem Fall ist eine Kopie an das Parlament und an den Rat zu senden.

Sendet die ESMA innerhalb der Frist von sechs Wochen keinen geänderten Entwurf zurück, kann die Kommission die RTS oder ITS annehmen. Sendet die ESMA hingegen einen geänderten Entwurf, kann die Kommission ihn entweder annehmen oder nur die von ihr als wichtig erachteten Änderungen übernehmen. Die Kommission darf den Inhalt des von der ESMA ausgearbeiteten Entwurfs nicht ändern, ohne sich vorher mit dieser abgestimmt zu haben.

Können sich die Kommission und die ESMA nicht auf den Inhalt von RTS oder ITS einigen, kann das Parlament oder der Rat den Vorsitzenden der ESMA und den zuständigen Kommissar zu einer Ad-hoc-Sitzung zur Diskussion ihrer Differenzen einladen.

Nimmt die Kommission den Entwurf von RTS oder ITS wie von der ESMA ausgearbeitet an, können das Parlament und der Rat innerhalb einer Frist von einem Monat (nach entsprechender Mitteilung) Einwände erheben. Sie können jedoch eine Verlängerung dieser Frist um einen weiteren Monat beantragen. Im Fall von Ergänzungen oder Änderungen seitens einer der Parteien können das Parlament und der Rat innerhalb einer Frist von drei Monaten Einwände erheben. Diese Frist kann um weitere drei Monate verlängert werden.

Erheben weder das Parlament noch der Rat innerhalb der oben genannten Fristen Einwände gegen die RTS oder ITS, treten diese mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union bzw. an dem darin angegebenen Datum in Kraft. Sie können auch früher im Amtsblatt veröffentlicht werden (und in Kraft treten), wenn sowohl das Parlament als auch der Rat die Kommission zuvor darüber in Kenntnis gesetzt haben, dass sie keine Einwände erheben werden.