Aktionsplan für Wachstum
02.09.2020
Aktionsplan für Wachstum Die Pläne der Europäischen Union zur Kapitalmarktunion.
Der Aktionsplan zur Kapitalmarktunion der Europäischen Kommission, der bald veröffentlicht werden soll, wird richtungsweisend für die Zukunft der Europäischen Union sein. Fortschritte auf dem Weg zur Kapitalmarktunion sind entscheidend für die Umsetzung des „European Green Deal“, die Digitalagenda der Europäischen Union, und insgesamt für die nachhaltige Erholung der Wirtschaft.
Der starke Einbruch der Wirtschaft in Folge von COVID-19 hat erhebliche Auswirkungen auf das Wachstum und die Finanzierung von Unternehmen, insbesondere für kleinere und mittelständische Unternehmen (KMU). Dementsprechend ist der Fokus der Europäischen Kommission auf die Finanzierung gerade dieser Unternehmen über die Finanzmärkte ein Schritt in die richtige Richtung. Sobald sich die wirtschaftlichen Konsequenzen der Krise vollständig zeigen, werden die Bilanzen von Banken von notleidenden Krediten überschwemmt werden. Banken werden daher nicht alleine in der Lage sein, den Wiederaufbau zu finanzieren. Ein verbesserter Zugang zur Eigenkapitalfinanzierung ist unabdingbar. Ein höheres Maß an Kapitalmarktfinanzierung führt zu nachhaltigerem Wachstum, ermöglicht eine stärkere private Risikoteilung und nimmt somit Druck von der öffentlichen Hand.
Hindernisse beseitigen
Damit die Kapitalmärkte der Europäischen Union (EU) einen schnellen wirtschaftlichen Aufschwung bestmöglich unterstützen können, müssen einige noch immer bestehende Hindernisse behoben werden. Dazu gehört die Etablierung eines umfassenden Ökosystems zur Kapitalbeschaffung durch die Erleichterung des Zugangs zu den Kapitalmärkten, besonders für KMUs. Dies beinhaltet zudem die Reduzierung steuerlicher Hindernisse bei der Eigenkapitalfinanzierung (Steuerrecht, Insolvenzrecht), aber auch die Schaffung richtiger Anreize, beispielsweise durch die Einrichtung eines privaten öffentlichen Fonds für Börsengänge – wie er bereits von der Europäischen Kommission vorgeschlagen wurde. Weiter ist an die Förderung der Verfügbarkeit von Informationen über KMUs und an eine Diversifizierung der Investorenbasis zu denken, was vor allem die stärkere Einbeziehung von Kleinanlegern in die Kapitalmärkte bedeutet. Schließlich geht es um die Anpassung der KMU-Wachstumsmärkte (SME Growth Markets) an die spezifischen Bedürfnisse dieser Unternehmen.
Damit die Kapitalmarktunion allerdings ihr volles Potenzial entfalten kann, sollte die Europäische Kommission auch die Aktienmarktstruktur verbessern und die Fragmentierung der Kapitalmärkte reduzieren, welche schlussendlich der Marktliquidität schadet. Der regulierte Handel an Börsen hat sich einmal mehr als sicherer Hafen während der COVID-19 Pandemie erwiesen. Die steigende Handelsaktivität auf Börsen in Zeiten hoher Volatilität zeigt den bestehenden Bedarf an fairen und transparenten Märkten. Die anschließende Umkehr dieses Trends wirft im Gegenzug ernsthafte Fragen über die Qualität der Preisfindung auf alternativen Handelsplätzen auf und unterstreicht die Notwendigkeit, grundlegende Mängel der aktuellen Marktstruktur zu beheben.
Marktstruktur auf dem Prüfstand
Dementsprechend sollten aktuelle politische Überlegungen über eine vereinfachte Marktstruktur und ein gut funktionierendes Transparenzregime unter MiFID II/MiFIR ein integraler Bestandteil der Vervollständigung der Kapitalmarktunion sein, um voll funktionsfähige und stabile Finanzmärkte zu fördern. Dies wird noch wichtiger mit Blick auf das nahende Ende der Brexit-Übergangszeit und erfordert sofortiges Handeln, das nicht bis zur Überarbeitung der MiFID II/MiFIR Ende 2021 warten kann. Die Kapitalmärkte der EU werden – entgegen der auf Ebene der Europäischen Kommission geführten Diskussion – nicht von der Einführung eines konsolidierten Datentickers (Consolidated Tape) profitieren. Ohne eine Verbesserung der Markttransparenz als Grundvoraussetzung, würde ein Consolidated Tape lediglich eine weitere Aggregation von Daten bedeuten, ohne klaren regulatorischen Anwendungsfall aber vor allem zusätzlichen Kosten für Marktteilnehmer. Unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Marktstruktur sollte daher eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt sowie umsetzbare Alternativen wie ein „Tape of Record“ erörtert werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt für eine florierende Kapitalmarktunion und eine schnelle Erholung von den Auswirkungen der Krise ist der Erhalt gut funktionierender, wettbewerbsfähiger und liquider Märkte in der EU27 – wie beispielsweise der Markt für börsengehandelte Euro-Derivate. Notwendig ist es daher eine Fragmentierung dieser Märkte durch Open Access Bestimmungen, die sich keine andere Jurisdiktion bislang auferlegt hat, zu vermeiden.
Abschließend begrüßen wir den aktuellen Vorschlag der Europäischen Kommission, die Positionslimits für bestimmte Warenderivate zu überprüfen. Eine solche Reform begünstigt das Wachstum neuer Euro-Märkte und trägt so ebenfalls zu einer Stärkung der Rolle des Euros und der Kapitalmarktunion bei.